Mit Balkonkraftwerken selber Strom erzeugen

12. September 2023 0 Von Klimabuendnis

Vortrag von Dr. Rainer Bachmann über Steckersolargeräte beim Klimabündnis

Inzwischen sind Steckersolargeräte so beliebt, dass man sie schon beim Discounter kaufen kann. Aber einige wichtige Punkte gibt es doch zu beachten. Dazu informierte Dr. Rainer Bachmann von der Bensheimer Initiative BergSolar beim Online-Treffen des Klimabündnis Bergstraße. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse, 47 Menschen hatten sich zugeschaltet.

Vorreiter bei solchen Geräten in der Region ist die Energie-Gemeinschaft Roßdorf, mit der BergSolar Bensheim und inzwischen über 30 Initiativen in Südhessen zusammenarbeiten.

Unter einem Steckersolargerät – so die offizielle Bezeichnung – versteht man 1-2 Solarmodule, die ihren Gleichstrom an einen Mikrowechselrichter geben, der ihn in 230 Volt Wechselstrom umwandelt, und der von dort in eine normale Schukosteckdose in das Wohnungsnetz einspeist. Es handelt sich um ein mobiles Gerät, im Unterschied zu einer fest installierten Anlage, was die Sache auch für Mieter interessant macht. Der Wechselrichter darf maximal 600 Watt leisten, ab Januar 24 dürfen laut Gesetzesvorlage 800 Watt eingespeist werden.

Ein solches Gerät kann einen kleinen Teil des eigenen Verbrauchs abdecken. Man darf es selber anbringen, es ist aber sehr wichtig, dass es sturmfest befestigt wird. Denn die Solarmodule sind normal 1,8 x 1,15 m groß, und da wirken bei Sturm enorme Kräfte! Ein Steckersolargerät amortisiert sich nach durchschnittlich 3-10 Jahren, eine wesentlich größere und teurere Dach-PV-Anlage hingegen meist erst nach 15-30 Jahren. Wenn das Steckersolargerät bei Sonnenschein mehr Strom produziert als man im eigenen Haushalt gerade verbraucht, liefert es den Strom kostenlos ans Netz, also dem Energieversorger, es gibt leider keine Einspeisevergütung. Das ist ein Nachteil, über den man sich ärgern kann. Man kann sich aber auch freuen, dass man doch einiges an Geld spart und sich die Investition bereits in wenigen Jahren lohnt. In erster Linie wird der durchgehende Grundverbrauch abgedeckt (Geräte im Stand-by, Internet-Router, Elektrik der Heizung, Computer u. ä.). Man kann auch die Waschmaschine oder Spülmaschine genau dann einschalten, oder staubsaugen, wenn die Sonne gerade scheint, dann wird zumindest ein gewisser Teil auch dieses Verbrauchs übernommen.

Eine Genehmigung des Stromversorgers oder Netzbetreibers ist nicht erforderlich. Für die Anbringung braucht man jedoch die Genehmigung des Vermieters oder der Eigentümergemeinschaft. In der Gesetzesänderung, die gerade im Bundestag beraten wird, ist vorgesehen, dass diese Stromerzeugung ein Vorrangrecht wird, so dass nur klare sachliche Gründe für eine Untersagung durch Vermieter gelten dürfen. Man sollte die Module so anbringen, dass sie möglichst nicht verschattet werden. Ideal wäre auch – wenn möglich – sie in etwas unterschiedliche Richtungen anzubringen, und etwa 20 bis 30 Grad aus der Senkrechten zu kippen, so dass sich die Stromproduktion auf den Vormittag und Nachmittag gleichmäßiger verteilt. Leistet der Wechselrichter 800 Watt, spart man bei 35 Cent pro KWh etwa 280,- € im Jahr, bei Investitionskosten von 600-700 €. Schafft man sich nur ein Modul an, sind die Kosten geringer und der Eigenverbrauch relativ höher, so dass sich das Gerät etwas schneller amortisiert. Einen Speicher dazuzukaufen lohnt sich nicht, weil die Batterien zu teuer sind, und erforderliche Steuerungen noch kaum erhältlich oder ebenfalls sehr teuer sind. Steckersolargeräte dürfen nicht nur am Balkongeländer angebracht werden, sie können auch auf Garagen, Flach- und Schrägdächern, an der Hauswand angebracht oder sogar im Garten aufgestellt werden.

Nach der Gesetzesnovelle zum Januar 24 muss das Gerät nur noch beim Marktstammdatenregister angemeldet werden, nicht mehr beim Stromversorger, der erfährt über das Register davon. Nach Schätzungen verschiedener Quellen sind bisher nur 20 bis maximal 50 Prozent der Steckersolargeräte angemeldet. Hat man noch einen alten schwarzen Ferraris-Zähler mit sich drehender Scheibe, so läuft dieser Zähler rückwärts, wenn mehr Strom produziert wird, als man gerade verbraucht. Das neue Gesetz erlaubt dies für eine gewisse Zeit ausdrücklich. Wenn der Netzbetreiber von der Anmeldung erfährt, prüft er seine Daten und wird einen neuen digitalen Zähler installieren, welcher nicht rückwärts zählt.

 Es gibt inzwischen sehr viele Anbieter von Steckersolargeräten, auch Discounter und deren Online-Auftritte. Bei diversen Angeboten sind die Komponenten jedoch unpassend aufeinander abgestimmt und überteuert, man sollte sich daher kompetent unabhängig beraten lassen. Die Initiativen der Region arbeiten seit weit über einem Jahr mit „Oekostromhelden.de“ in Grießheim, mit denen sie sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Zurzeit ist hier in Bensheim keine Sammelbestellung geplant.

In der anschließenden Diskussion wurde das Thema der von einigen Herstellern weggelassenen redundanten Sicherheitsrelais angesprochen. Einige Wechselrichter-Hersteller bieten bereits Austauschgeräte an, andere bieten kostenlose Zusatzboxen an. Nach Abschluss der entsprechenden Verfahren, die zurzeit größtenteils wohl noch laufen, wird die Bundesnetzagentur alle betroffenen Hersteller wohl zum

Produktrückruf oder zur Nachbesserung (Zusatzbox) verpflichten. Die Hersteller und Vertreiber werden dann verpflichtet, ihre Kunden entsprechend zu informieren. Betroffene sollten unabhängig davon ihren Verkäufer kontaktieren oder auf dessen Webseite nach entsprechenden Informationen suchen. Eine  Außerbetriebnahme ist definitiv nicht erforderlich ohne eine konkret an den Betreiber gerichtete Verfügung.

Viele Teilnehmer bedankten sich ausdrücklich für den guten Vortrag. Weitere Informationen kann man unter bergsolar-rb@web.de erhalten.